Juni 2008


da bin ich wieder.
um 2 schon wieder zurueck.
ja, was is denn da los?
das moechte ich auch mal wissen!

ich komm extra froehlich und frisch, lang und breit ausgeschlafen und doppelt enthusiastisch ins projekt getuckelt und niemand ist da. haeh. was verpasst? ueberleg, ueberleg … nee … ach da is ja doch wer. juanita und drei der jungens die dort wohnen. in froehlicher ein-zwei-vier-tracht EM guckend.
„ach martha, ja der rest … die sind alle nicht da.“
danke. das haette ich jetzt gar nicht gemerkt. also schoen boehnchen essen und reis und em gucken. und bloedsinn machen, wie immer und ewig und alle zeit. machen wa das beste draus. jens lehmann … ich habe eine halbe stunde gebraucht um herauszubekommen, dass sie diesen herren der schoepfung meinen, wenn sie john lennon sagen. aber nein. das ist ein saenger und der torwart heist LEHMANN … „aha aha … und wie is das, ist denn deutschland ein teil von europa?“
„ja!“
„und spanien?“
„auch“
„und die tuerkei … ? “
ahhhahhhhhhh. ja schoen is das ja eigendlich, wer braucht denn schon grenzen. wir sind doch alle bloss erdenbewohner nicht war. dumm nur, dass es nun einmal kontinente gibt und laender und grenzen. und diese ganze struktur ist verantwortlich fuer die lebensumstaende in denen ihr gerade hockt und die ziemlich schwarze zukunft, an der wir hier gerade basteln. naja. man lernt ja nie aus!

jetzt bin ich wieder in masaya.
wer hat denn nun gewonnen?
wehen jetzt ueberall kleine deutschland- und tuerkeiflaeggchen im deutschen wind? und rasten wieder alle tierisch aus und sind ja ach so ueberglueck und vereint, wie noch nie? der wahnsinn kehrt zurueck. zweiter teil.

heute regnet es nicht. jedenfalls nur ab und an ein bisschen. ich bin entzueckt.

man hoert sich.

und noch was.
wir waren auf dem mombacho.
dort wo in einem schloss aus wind und wolken baeume wohnen, die regnen koennen. das tosen des windes. die unerklaerlichen laute  des lebenden waldes. schwaden von nebel die um deine beine kriechen. das tiefe gruen, was dich verschlingen moechte.
ein wort.
regenwald.

noch nie habe ich ueber die bedeutung nachgedacht. obwohl es doch so einfach ist. ein wald, der regnen kann. ein wald der in den wolken wohnt. genau das ist es.

heldenhaft haben wir uns zu fuss auf den weg gemacht. sind durch den urwald gestapft, die toene im ohr, die vegetaion vor der nase, nur haben wir nicht mit dieser steigung gerechnet. irgendwann gings einfach nicht mehr per fuss. also auf den touritransporter, der gott sei dank gerade um die ecke gekurvt – gerattert kam gehuepft und im schneckentempo nach oben ruckeln, zusammen mit … dreimal darfste raten. amis und japanern. die touris moegen solche naturschutzschaetze offensichtlich. es ist ein kommen und gehen. wo man doch sonst fast niemanden aus anderen gefilden sieht.

und oben dann. vulkankrater. wald. wind. nebelschleier. geraeusche aus anderen welten …

irre wars. unten vorm mombacho steht man plotzlich wieder in der sonne, die waerme drueckt, die wattewoelkchen fliegen dahin und man schaut nach oben, zu dem krater um den die schwaden tanzen.

es ist wohl man wieder an der zeit.
nun denn.
ich bin gekommen,
um zu schreiben.

lange, lange ists her. was ist passiert. also, was ist wirklich passiert. drehen wir den zeiger der uhr einmal zurueck. und ueberlegen … es regnet. ja. das lasesst sich mit sicherheit sagen: es regnet. und wenn es in diesen sonst so sonnig-froehlichen gefilden anfaengt ein wenig truebe und diesig zu werden, fangen die werten erdenbewohner an voellig zu spinnen. womit ich keinesfalls sagen wuerde, dass sie sonst nicht mindestens ein wenig dem wahnsinn verfallen zu sein scheinen. nein. damit will ich sagen, dass sie noch schraeger und wirkungsvoll zu spinnen beginnen.
busfahrer bruellen mir mit voller wucht ihrer unzarten stimmen staedtenamen ins ohr. internetcaféangestellte gebaerden sich aeusserst merkwuerdig. die menschen scheinen sich generell bei unserem alienhaften anblick voellig zu vergessen.
entweder wir werden tagtaeglich zu schoen, oder die leute sind zu bloede … die gewaltige resonanz allerdings in den letzten tagen, die unsere blosse anwesenheit zu tage befoerdert grenzt an wahnsinn … an DEN wahnsinn. den hellen und glasklaren wahnsinn.
all das setzte zeitgleich mit dem wetterumschwung ein.
00schneider – ich sehe da moeglicherweise einen zusammenhang.

sollen sich die verehrten nicas und nicarinnen mal nicht ueber miesepetrige bleichgesichter beschweren. in unserem klima waeren sie verloren und verraten. merkt man, wenn einmal einen tag keine sohne scheint.

heute war so ein tag. ich fange an ein spiegelbild dessen zu werden, was mich umgibt. sehr schwer das zu umschreiben. wir versuchen es mal so:
ich schreie wildfremde menschen an, die mir fast nichts getan haben.
ich bin sehr laut und in unserer welt sehr peinlich. aber das ist egal, weil wir eh auffallen, ob laut leise oder als muelltuete verkleidet.
ich rufe schon vortraeglich „ja mein herz, ich liebe dich auch …“ nur um ihnen zu vor zu kommen.
bei besonders agressiven und penetrant lauten attaken, die sogar mich verblueffen – was hin und wieder immer noch vorkommt – schaffe ich es langsam, ebenso penetrant und derbe zurueck zu bruellen. ja. das verlangt einiges ab. entweder ma verbarrikadiert sich im haeusle (geht schlecht, weil wir keinen schluessel besizten und viel zu oft vor verschlossenen tueren stehen) oder man begibt sich hinaus. in die merkwuerdige welt und versucht damit umzugehen. an guten tagen – so wie heute – mit humor. an schlechten tagen mit frust. irgendwann gehts nich mehr.

lirum larum.

trotzdem machen wir uns das leben so spassig es eben geht. wir haben in den letzten 2 tagen 6 filme verschlungen, gekocht, bierchen gesoffen, einfach mal das wohnzimmer okkupiert und die liebe seele ruhig und zufrieden sein lassen. jawohl.
projektarbeit ist gerade nicht so bombig. jeden tag gibt es einen neuen ausnahmefall. die letzte woche war reyita, mein herzblatt und die direktorin krank – ok, verziehen, dass da vieles nicht so laeuft, aber dann ist ja noch der vatertag, da machen wir keinen unterricht, und dann ist da noch diese festivitaet dann und dann, und der heilige sant sowieso wird ja jetzt auch 100 und heute regnet es zu viel und morgen sind wir muede von dem vielen regen … haeh? warum gleich bin ich hier?
mal ueberlegen. in der zwischenzeit freu ich mich darueber, dass der strom nicht ausfaellt, die internettusse sicht die seele aus ihrem leib singt und es stockduster draussen ist, obwohl doch erst 8 uhr.

hier nun denn einige impressionen meines werten lebens, sogar mit sonne!

jemand macht sich gerade unglaublich viel muehe die ganze stadt mit ein und dem selben slogen zu verziehren. im klartext ortega is´n arsch. hm. kann man sagen. die stimmung ist gespannt. heisse phase? bald wird gewaelt und mit so einem wahlkampf haette ich nicht gerechnet. recht agressiv, wuerd ich mal sagen. „ortega y somoza – lo mismo cosa“ wird da propagiert. man darf wohl gesapnnt sein.

ich bin verstimmt. die regenzeit laesst fruechtetechnisch zu wuenschen uebrig, da spriesst ueberall alles gruen aus jeder ecke, aber die fruecht die lachen uns aus und bleiben wo sie sind. vor allem piña, sandina, mélon, naranjas … ich vermisse euch. kommt wieder zurueck. nur banane ist doch auch kein leben. es gibt ja noch mehr. zum beispiel die sagenumwobene mamon. schon mal gehoert? ein bisschen wie litschie, aber viel koestlicher, zwar behauptet jeder man duerfe sie abends und nachts nicht essen, genauso wenig, wie cocosmilch trinken, aber ich setzte mich besserwisserisch darueber hinweg. und mir ist noch kein blumentopf auf den kopf gefallen.

ja. in baelde befindet sich eine eigene gitarre in meinen zarten haenden. ich werde sie einem hochwohlgeborenen freund abkaufen. dreimal lebe alles hoch und wieder runter. wenn doch nur geld da waere. wir werden hoechstwarscheinlich in der uni in managua anfangen muessen deutschkurse – und zwar bezahlt – zu geben. die finanzielle situation ist kniffelig. zum kozten eigendlich. aber man tut was man kann.

hm. jam jam jam. verhungern tun wir aber trotzdem nichtens.

ja warum kuckt se denn so gluecklich. weil die elsa hinter der kamera steht und weils gleich fressen gibt und kuehles bierchen und jonny den deppen im fernsehr. fein.

man vertreibt sich die zeit. ich werde noch meisterin im zoepfe flechte, dreads dreaden, macramebaendchen zuammenflechten, artdesanias bis zum umfallen. das da ist im centro craetivo. da sind wir oft, denn die gurken sort sind ausnehmend symphatisch. soweit ich weiss, die einzige andere groessere austauschorganisation in masaya. quasi leidensgenossen.
hab ich schon erzaehlt, dass ich geritten bin. auf einem pferd. also so richtig? hotte hueh und so. ich versuch das jetzt mal zu profesionalisieren, pferdchen gibts ja hier genug. das entspannt.

juanita, mein schatz und ich. die diriomitokoechin. sie lacht gerne. genauso wie alle anderen dort. also immer schoen mir lachen. reyita meinte letztens etwas sher schoenes „das mich martha immer zum lachen bringt, hat mich schneller wieder gesund werden lassen.“ hach kinder. ich hab euch lieb …

darf ich vorstellen? taetaeraetae. mein esposo. also mein ehemann. ja wir wurden verheiratet. das ist nelson, der nachhilfelehrer und erster schulabgaenger in diriomito. allererster ziehsohnemann von reyita. irgendwer hat damit angefangen. und nun vergeht kein tag an dem nicht ein witz ueber mich und meinen „esposo“ gerissen wird. mitgehangen, mitgefangen …

das is schon ein bisschen was her, aber doch wert gezeigt zu werden. nein. keine szene aus einem meiner traeume. realitaet. riesen oreokeckse. ich bin ihnen verfallen. sie sind auch immer fuer mich da. in der pulperia um die ecke. ich weiss, ich weiss ami-imperialisten-kack, aber was soll man machen?

nicaragua blueht. die regenzeit tut ihre wirkung. gestern bin ich hinten auf einer camioneta sitzend durch eine mir voellig fremde landschaft gerauscht. als wuerde der wald anfangen zu leben, sich zu strecken, zu dehnen, und gestaerkt durch nahrung anfangen den staub anzuschuetteln, sich in seiner ganzen pracht zu entfallten und die begrenzungen durch strassen, fincas und doerfer versuchen zu sprengen …
die natur holt sich zurueck was ihr gehoert. das ist nicht das land der menschen, sondern das land der ewigen waelder.
so dringen farne, palmen und blueten in die doerfer ein, umschleichen die haeuser und machen sich auf den weg zum dorfplatz.
in masaya bekommt man davon nichts mit.
ab und zu stehen die strassen unter wasser.
nachts trommelt der regen aufs dach.

ich fange an die schoenheit masayas zu uebersehen. sehe nicht die bonbonfarbenen hauswaende, die das auge kitzeln … laufe an den unzaehligen staenden mit fruechten vorbei, ohne mich an den zuckersuessen geschmack der mangos zu erinnern, oder mich dem reiz des voellig neuen hinzugeben … hoere nicht die melodioesen schreie der frauen, mit den riesigen koerben, auf ihrem schwarzen haar, auf dem sie gebackene koestlichkeiten anbieten … bemerke nicht das kinderlaecheln, dass mich neugierig verfolgt … und die fragenden stimmen und freundlichen worte.

bevor dir schoenheit endgueltig aus der welt verschwindet, wird sie noch eine zeitlang als irrtum existieren. die schoenheit aus irrtum,
das ist die letzte phase in der geschichte der schoenheit.
(milan kundera)

auf der camioneta haben sich meine augen dem wieder oeffnen koennen. wie schade waere es doch, wenn ich all das was dieses land so wunderschoen macht nicht sehen wuerde. verschwend.
der fahrtwind hat mir meine schweren gedanken aus den tiefen gefegt. traenen rollen ueber das gesicht und ab und zu knallt eine fliegt gegen meine stirn …
vor mir … der vulkanige ruecken nicaraguas, in dem sich die glut der sonne zur ruhe legt und die wolkengebilde sich versuchen zu einem lodernden kunstwerk zu formen.
hinter mir der volle runde silbernschimmernde mond.
ueber mir das helle strahlende blau und um mich herum singen die tiefen des waldes.

man verfaehrt sich so leicht in den wirren des alltages.
aber verdammt scheisse, ich bin in NICARAGUA …

aber so einfach ist das nicht in nicaragua zu sein. salziges wasser trennt mich von meinen freunden und seelenverwandten. die realitaet stuerzt jeden tag aufs neue auf mich ein. man kann sich ihr nicht entziehen. immer im grellen licht der aufmerksamkeit stehened und doch allein … denn die gruende fuer das interesse sind zweifelhaft.
es ist schwer.
es ist noch schwerer als frau.

ich weiss nicht, ob ich einer frau raten koennte diesen weg allein zu gehen. ich hatte unendliches glueck, in diesen topf aus glueck mischt sich genauso unendliches pech, wofuer noch mehr glueck noetig war … um zu neutralisieren.
man kann nicht fliehen.
freiheit. wie oft haben wir uns ueber dieses eine wort dumm und daemlich diskutiert. und nun. lebe ich in ganz anders begrenzten gebiet …

ich suche mir meinen weg. lerne dazu, versuche fehler nicht zu wiederholen … aber wie schwer zwischen anpassung und selbstbestimmung zu balancieren, wenn man auf neuland unsicher tapt, waehrend jeder schritt eine mine ausloesen kann. hier ist selbst die gestik eine andere. die art den boden zu wischen. sich zu gruessen. immer auf der hut niemand zu verletzen, wird auf meinem grund und boden schamlos herumgetrampelt. aber ich will hier leben. ein teil werden.
ohne die freundschaft und dankbarkeit der esperanzajung waer vieles anders.
mit fransico habe ich mich auf das unsichere terrain der freundschaft gewagt. einer wirklich freundschaft. ich habe eben glueck. das ist nicht leicht zu finden.
vor kurzem habe ich mich aus dem projekt verdrueckt. mir ging es schlecht. ich wollte allein sein, waehrend gleichzeitig der wunsch in mir glueht gefunden zu werden. elsa hat heldenhaft die jungs allein unterrichtet und ich bin durch die dunklen strassen geirrt …
da sitze ich.
auf dem vorsprung, der dem buergersteig aehnlich ist.
das orangene licht gibt mir lange schatten.
wie auf dem praesentierteller, gut beaeugbar.
moechte ich weinen.
ab und zu fragt eine frau, ob ich mich verlaufebn haetten.
immerzu fressen mich die augen der maenner.
stille um mich her kann nicht entstehen.
aber keiner kann mir helfen …
mal wieder kommt ein lauter umzug vorbeigezogen. das ist eine der lieblingsbeschaeftigungen der nicas, eine blaskapelle bestellen, irgendwelche heiligen durch die gegend tragen und boeller  in die luft schiessen. ohrenbetaeubender laerm begleitet den kleinen zug.
um so mehr laerm, um so weniger muss man ueber das jetzt nachdenken.
je ohrenbetaeubender, desto weniger platz hat die realitaet.
irgendwann trotte ich zurueck.
nach hause.

irene ruft mich, da is jemand der mit mir sprechen will. fransico steht vor der tuer. er hat mich in ganz masaya gesucht, weil er gehoert hat, dass es mir schlecht geht. ich weiss nicht … soll ich lachen … soll ich weinen … danke. auch wenn es langsamer geht, als zu hause und die entaeuschungen an jeder ecke warten, es lohnt sich. dafuer sind die erfolgserlebnisse um so wertvoller.
am gleiche abend kommt reymundito zu besuch, der schamane. er will wissen wie es mir geht.
ich koennte die welt umarmen.
und noch mals danke.

ich lebe die magie der kunst und der wissenschaft
mit freude
und das gibt mir die sympatie und den charisma
es foerdert den rythmus meiner einzigartigkeit
um besser dem dienen zu koennen, was meine bestimmung genannt wird und diese irgendwann zu erfuellen
ich hoere meine stimme,
die mich leitet
und ich erhoere die vision,
um liebevoll und kreativ meine energie dem gedeihen und dem reichtum sowie meinem gleichgewicht zu schenken
wiedergeboren, um den kreislauf der liebe zu vervollstaendigen,
der mir die geistige staerke gibt und den schutz
und sich taeglich mehr manifestiert
die sanftmut, die zaertlichkeit,
die treue der liebe
aufgeteil auf die freunde meines herzens
besiegelt diese verbindung
alles was ich tue
vollbringe ich mit elleganz, mit schoenheit, in harmonie
und in einklang bringend

eine etwas wirre ueberzetzung dessen, was mir reymundito mit auf den weg gegeben hat. so in ewas haetten das die maya, vor ewigen zeiten wohl vormuliert …

gestern war herrlich.

ich hab ein fussballtunier mit meinen kiddis und denen des cetro de creativo durchgeboxt.
soviel kindergeschrei … lachen … dreck … suessigkeitenmuell …
ich war in meinem element … die acanditruppe hat sogar gewonnen.

ansporn, dass noch mal zu machen … genauso hab ich mir das vorgestellt. austausch mit anderen projekten, mal aus diriomito rauskommen …

ich hab ueberall muskelkater. ich musste ja mindestens 30 kleine knirpse durch den wald jagen und fuers abendmal zubereiten und verspeisen. so was kostet energie … franzisco hat endlich verstanden, warum ich jeden tag so fertig bin … 🙂

am morgen waren wir zusammen in elsa projekt, der montesourrischule. dies woche war internationale woche des kindes und deswegen gab es ein kleinen fest. reymundito, den wir vor einiger zeit kennengelernt haben, hat eine kleine puppenshow geliefert und es wurde getanzt, bis zum abwinken …

ich will ein bisschen erzaehlen …
von kindern, die entmenschlicht wurden …
die beraubt von all ihren rechten, verstossen auf die strassen, die kindheit verloren ein haus gefunden haben …
bis zu acht jahren, habe diese kleinen wesen auf der strasse gehaust …
sich ihren schmerz mit glebstoff weggetraeumt …
in andere welten haben sie sich gefluechtet.
jedesmal wieder aufgewacht mit hungrigem magen, auf dem harten boden der strasse, mit dreckigen fuessen … das wenige was sie besassen, haben sie sich mit dem putzen von schuhen verdiehnt.
die die selbst nichts an den fuessen tragen …
sie sind ihr eigener herr …
sie haben gelernt zu ueberleben …
und der rest hat sie gelernt zu ignorieren …

im herzen von masaya, in monimbó gibt es ein haus, wo diese kinder zuflucht finden … betreut von jungen nicas, die all ihre zeit schenken, werden sie aufgefangen, wird ihnen eine familie geboten – kurz vor dem moment an dem kein funken hoffnung mehr da war!

ich bin beruhrt ein teil davon sein zu duerfen. auch wenn die arbeit oft sehr hart ist. ich und elsa haben beschlossen, unsere zeit neben den jeweiligen projekten fuer die jungs einzusetzen. was koennte es sinnvolleres geben?

alles ist improvisiert. aber mit viel liebe improvisiert. es gibt einen gemeinschaftsraum, eine kueche, drei zimmer mit 18 betten. 28 strassenkinder werden betreut, 5 wohnen momentan im haus …

césar (15)

seit gestern schlaeft er im projekt …

julio (16)

nacho (17)

franzisco (15)

er ist vor einer woche ausgestiegen. zusammen mit seinem bruder … manchmal kommen sie noch zum essen, so wie gestern, voellig high …

cleen!

der grosse franzisco – einer der betreuer. er, seine mutter und seine schwester arbeiten fast jeden tag dort …

kreativkurs am mittwoch und donnertsag, englischkurse am montag und freitag, mit den profesoras marthita und elsita!

… da wird disziplien gross geschrieben …

… und serioes sind wir allemal. besonders wird auf ordnung und sauberkeit geachtet … wir halten halt die deutsch tugenden hoch, man kommt eben nich aus seiner haut …

es gibt viele arten zu lernen!

hin und wieder, fuehlt man sich, wie im irrenhaus. aber wenigstens haben alles spass dabei …

alles unter dem deckmantel der kirche. ohne gott, gaebe es keinen halt, keinen sinn fuer die jungs weiter zu machen … er, der „sie immer lieben wird“ …
iniziert von ein paar amerikanern, die immer noch regelmaessig kommen, die finanzen regeln und fuer organisation sorgen … entwickelt sich das sehr frische projekt rasend schnell …

wir sind so gut wie jeden tag da. abends bekommen wir essen … sonntags kommen wir sogar machnmal in die kirche mit. man beginnt die dinge von all ihren seiten zu sehen … wo ich anfangs nichts mit missionierung anfangen konnte, kann ich mich mitlerweile wenigstens damit arrangieren … denn ich sehe, was moeglich ist!
so kann ich die zeit in der kirche zur meditation nutzen und allen ist geholfen …
von aussen betrachtet kann man sowieso rein gar nix aenderm. also immer schoen die aermel hochkraempeln und munter in die wellen reinstuerzen. wenn ich so einen kleinen beitrag leisten kann …

BAD RELIGION LYRICS

"Punk Rock Song"

have you been to the desert?
have you walked with the dead?
there's a hundred thousand children being killed for their bread

and the figures don't lie they speak of human disease
but we do what we want and we think what we please

have you lived the experience?
have you witnessed the plague?
people making babies sometimes just to escape
in this land of competition the compassion is gone
yet we ignore the needy and we keep pushing on
we keep pushing on

this is just a punk rock song
written for the people who can see something's wrong
like ants in a colony we do our share
but there's so many other fuckin' insects out there
and this is just a punk rock song
(like workers in a factory we do our share
but there's so many other fuckin' robots out there)

have you visited the quagmire?
have you swam in the shit?
the party conventions and the real politik
the faces always different, the rhetoric the same
but we swallow it, and we see nothing change
nothing has changed...

10 million dollars on a losing campaign
20 million starving and writhing in pain
big strong people unwilling to give
small in vision and perspective
one in five kids below the poverty line
one population runnin' out of time

der ferienzauber hat sich gelegt.
die wellen, der ausnahmesituatiion haben sich geglaettet.
nicht alles ist sahne und zuckersuesser karibiktraum.
ich beginne hinter die kulissen zu schauen, hinter die gesichter. ich hinterfrage, was hier lebensrealitaet heisst.
denn was am anfang noch spannend war und neues abenteur hiess, beginnt nun auch fuer mich alltag zu werden. leben. und was ich lebe hinterfrage ich auch … was sich dort zeigt, ist ein bild des schreckens …

dritte welt.
erste welt … zweite welt. leere phrasen, die sich langsam fuellen. was soll das eigendlich heissen?
wer steht ganz vorne … wer ist am anfang der interessen- und informationskette, wer hat oekonomisch die nase vorne. wer hingt hinterher. uninteressant fuer die gewinner im wettkampf. natuerlich erzeugt das neid, missgunst … beim letzten platz.
die technik machts moeglich, dass dir jeden tag unter die nase gehalten werden kann, wie schlecht es dir und wie gut es den anderen geht.
nicht auf den ersten blick ist ersichtlich in was fuer einer welt ich mich bewege. leuchtreklamen und cocacolawerbung weisen mir den weg in eine voellig falsche richtung … sie zeigen auf markenklamotten und dicke jeeps, amerikanische fernsehsender und musik. sie werfen den scheinwerfer auf eine uebereschminkte masse, in klatschenge syntetigklamotte mit englischem aufdruck und minirock gequetscht, highheels und chucks an den fuessen, die haare gelaettet und wenn moeglich blond gefaerbt. der schein wird hervorangend aufrecht erhalten … doch wenn man genauer hinschaut, sieht man die kleinen schoenheitsfehler.
die klamotten sind fehlerware aus europa und amerika. manchmal loesst sich eine locke aus dem haar. die haut bleibt braun, auch wenn man noch so viel sonnencrem auftraegt oder sich mit einem schirm schuetzt. und wenn man nach hause kommt, steht man auf lehmboden … es gab kein geld die waende zu streichen – blanker beton, das wellblaech auf dem dach faegnt wieder an zu rosten und das zimmer wird mit der ganzen familie geteil. privatsphaere gibt es nicht. die waesche muss jeden tag gewaschen werden, denn was man hat ist wertvoll – und so viel hat man nicht. tagsueber gibt es kein wasser und wenn die klospuelung mal funktionert (vorrausgesetzt es gibt eine) dann ist das glueck. die waesche wird per hand gewaschen, jeden tag, eine grossfamilie macht viel dreck. warum wird dreimal am tag gallo pinto (reis und bohnen) gegessen? weil es billig ist und stopft. der fernsehr laeuft rund um die uhr. falls der strom nicht ausfaellt. das passiert gerade jetzt in der regenzeit haeufig. dann geht gar nix mehr, die geschaefte schliessen, die welt wird still, nur der regen trommelt seine lieder und hin und wieder faehrt ein aus den angeln fallendes taxi vorbei.
wem das nicht reicht, diesen altag, wer ihn uebersehen kann … der ist noch nie bus gefahren. aus europa, asien und amerika ausrangiertes schrottplatzmaterial, rostige und loechrige karren, wenn es regnet – dann regnet es eben rein. alte schulbusse aus amerika werden hier fuer den personenverkehr gebraucht. in den usa zu gefaehrlich und zu nichts mehr tauglich, hier werden damit menschen von stadt zu stadt, von arbeit nach hause gebracht. diese gefaehrte tuckeln ueber eigendlich unbefahrbarer strassen, von schlagloechern uebersehen. der buergersteig ist ein einziges loch und ab und an fehlen mal die gullideckel, strommasten die beinah umfallen unter der last der illegalen leitungen, abwasser wird durch die strassen geleitet, der muell tuermt sich an den seiten. hier wird einfach fallengelassen was gerade noch in der hand war. der kanal der sich durch masaya schlaengelt ist eine einzige stinkende, gruene (wirklich eine mischung aus fekaliene und einem giftgruenen muellmix) bruehe. nix da mit recycling – der hausmuell wird einfach verbrannt. alles. plastik, flaschen, papier, eben alles …

oft muss ich mich selbst zurueckholen, aus meinen uebersteigerten erwartungen, von den menschen, von dem leben, von dem miteinander. nur weil man hier praktisch fast alles kriegen kann und die leute chucks tragen, heisst das nicht, dass man diese welten vergleichen koennte. die lebensrealitaet bleibt. der schein truegt.
natur, politik und oekonomie koennen dir jederzeit einen dicken strich durch jede rechnung machen.
man steht eben unten an der informations- und interessenkette.

hier kommt im fernseher nur nachrichten in und um nicaragua: drei blocks weiter ist ein ueberfall passiert – die kamera dabei, dort wurde einen kokainmafiamitglied die haut vom gesicht gezogen – die kamera dabei, eine schlaegerei auf diesem und jenen markt – die kamera dabei, eine horde drogenabhaengiger strassenkinder, die randale machen – die kamera dabei, menschen im krankenhaus, blutende menschen, verhaftete mensche, tote menschen, leichensaecke und die kameras dabei … blut und tod. das bekommst du entgegengeschmettert, wenn du den fernsehr anmachst. ohne wuerde werden hier die toten vorgefuehrt, um noch eine schokierendere nachricht bringen zu koennen. eckelhaft. die familie sitzt dann abends beim essen und zieht sich heraushaengende gedaerme rein. abgestumpfte gesellschaft.
und wenn die nachrichten langweilig werden kommen daemliche telenovelas … weisse, stinkreiche, wunderschoene menschen, die sich den tag mit ihren pseudoproblemen vertreiben.

das heisst hier INFORMATION

alles wird dafuer getan so weltoffen und supercool, wie moeglich zu erscheinen. patriachismus, voellig uebertiebene glauebigkeit und armut kann man aber nicht ueberspielen. die welten sind so unetrschiedlich …

eine frau darf nicht im bekini baden, sie gehen mit klamotten ins wasser … gleichzeitig werden sexstellun in der tageszeitung abgelichtet und je kuerzer der rock der chica desto besser.
jungs und maedchenfreundschaften gibt es nur selten, denn die beiden geschlechter werden nur gemischt um ihre bestimmung zu erfuellen: eine familie zu gruenden. homosexualitaet ist tabu. ich hatte vor kurzem ein gespraech mit freunden und haette fast angefangen zu weinen. gedacht habe ich, dass wir diese verdammt dunklen tage hinter uns gelassen haetten … haben wir nicht ein ganzen jahrhundert dafeur gekaempft, damit liebe nicht mehr abnormal sein kann. homosexualitaet wird nicht akzepiert.
„wenn ich freunde haette, die schwul oder lesbisch waeren, dann wuerde ich sie nicht hassen, aber ich koennte sie nicht ernst nehmen, denn sie sind abnormal … “ (zitat eines ansonsten sehrn intelligenten jungen sozialarbeiters) dann werden stellen aus der bibel zitiert. ich verstehe einen voellig anderen inhalt, als die gleichaltrigen jungen, die da vor mir sitzen und mit glasigen augen von jesus sprechen … nachher werden sie sich „hellboy“ anschauen gehen – also „hoellenjunge“.
muss man dazu noch etwas sagen?
hinterfragt wird nichts.
alles ist eben so, wie es ist und gott regelt das schon …
genauso wenig, wie ich und meine gruende hier zu sein hinterfragt werden … weiss keiner, nicht mal meine „freunde“.
es reicht, dass schon wieder eine weisse chela (milchgesicht) hier ist, die halt voll cool in projekten arbeitet. machen ja viele … was dahintersteckt, woher wir kommen, was wir bezwecken, wer wir sind – interessiert nicht wirklich!

anstrengend. oberflaechlich. freundschaft?

das macht mich fertig. wo ich doch gerade nach tiefe und zuneigung und antworten suche. das laugt aus. am ende der letzten tage, war ich einfach fertig mit der welt. die ganze zeit bedorht, immer mit schuzschild … den staendigen anmachen, annaeherungsversuchen, vorderunagen ausgeliefert. immer im mittelpunkt, aber nur weil ich anders aussehe. das unkonsequente arbeiten kommt dazu. alles wird improvisiert und spontan irgendwie hingewurstelt. das kostet aber meistens mehr energie und ist uneffektiefer.
wie selten ich im projekt bin. der lehrer ist krank, feiertag, die busse streiken (naechste woche schon wieder), der regen ist zu stark. die kinder kommen und gehen, wie sie wollen – kontinuitaet kann nicht entstehen … es ist anstrengen. amn schreit gegen einen sturm, der nicht zuhoeren will.
dann geht man abends ins bett und will alles hinschmeissen.
und am naechsten rag, wacht man auf … die tropenvoegel kreischen vor sich hn, am haus laeft eine frescoverkaeuferin vorbei, die sich die seele aus dem leib schreit, yelba steht in der kueche und kocht gallo pinto, du gehst auf die strasse und ueberall tummeln sich kinder, deine nachbarn rufen adios zu und die sonne blinselt durch die wolken. und man macht einfach weiter, nur um abends wieder voellig fertig in die kissen zu fallen …

auch das gehoert zu meinem nicaragua. auch das ist mein leben hier. nicht einfach im moment.