August 2008


wir sollten eigendlich schon in masaya sein, haben uns aber spontan, wie wir sind – wir kleinen schlingelinen – fuer eine weitere nacht in leon entschieden. ich starte mein eigenes kleines bunte-zoepfchen-im-haar-business. da kann man absahnen, dass die schwarte kracht (ich hab nur meine preise zu niedrig gesetzt). irgendwie ist es bei dem ganzen geflechte zu spaet geworden noch nach masaya zu kommen und so daemlich im dunklen managua unsicher zu machen (der erste bus faehrt nach managua und dann gehts weiter nach masaya) sind wir nicht noch mal. also ham wir uns ein billigeres hostel gesucht und uns zwei mochito gegoennt und sind immer noch hier. gestern gabs ein feines konzert mit noch feinerer musik aus allen teilen latinoamericas … und bier … so wird mein hart erarbeites geld sofort wieder fuer die feuchtfroehlichen nebensaechlichkeiten verprasst. ich mag leon. aber ich freu mich auch auf mas-aya! und die letzten 2 wochen mit elsaengelchen … bald gibts ne fette abschiedsfeier. bis dann

ich fuehl mich grade noch weiter weg, als ich mich ohnehin schon von euch huebschen entfernt fuehle … es ist unglaublich, was dieses kleine land fuer schaetze zu bieten hat. du laesst eine bergkette hinter dir und schon beginnt ein neues leben.
schraeg und wunderschoen.
leon am pazif … so ruhig und gelassen und still. die sonne im nacken und die riesigen wellen, staubige strassen und flaches land. wiesen und weidende kuehe in der ferne die bergigen huegel. alles irgendwie so saftig und als wuerde die zeit still stehen! im hostel in leon hat die hauskatze ueber unsere zweite nacht 6 kleine wollhaufen aus sich herausgebresst. am vortag habe ich noch ihren dicken bauch gefuehlt und die klitzekleinen bewegungen gespuert. wunder des lebens … die strecke leon – esteli im gelben bus war ´n bisschen anstrengend. dioe strasse scheint eher aus schlagloechern zu bestehen, als aus strasse – bis wir nach drei stunden in esteli ankamen leerte sich der bus mehr und mehr. am ende blieben und ein paar leute vorne im bus. und so haben wir die steilen huegel erklommen und die tiefen ebenen hinter uns gelassen. ploetzlich fand man sich in bergen aus wolken wieder, in welche richtung du auch blickst alle schattieren die man sich vorstellen kann, der einen farbe – gruen. ich hatte das gefuehl noch nie so weit blicken zu koennen, um mich rum  nichts als in die wolken steckende bergruecken. esteli bleibt eine kurze erinnerung in regenschleier getaucht. nach 15 minurten kam der bus nach somoto, die tropfen haben uns begleitet. kurz vor somoto nach einer stunde haben wir sie abgehaengt … und im licht der untergehenden sonne waren wir da. mit nichts in der hand als einem namen. aber wie so oft hier reicht das aus. waehrend sich das orangene licht der strassenlaternen entzuendete suchten wir nach anna planck … der chela, die hier wohnt. und haben sie nach einer halben stunde hinter medikamentenbergen in ihrer eigenen apotheke aufgespuert. kurz darauf sassen wir mit ihr und ihrer tochter am kueckentisch, umgeben vonschwaebischen porzelan und haben frische bohnen in uns hineingestopft. ihr mann kinderarzt, sie selbst hebamme und entwicklungshelferin, zwei toechter, 2 riesenhasen, ein keybord (!), einen garten eden, viel platz und ein gaestezimmer … himmlische ruhe. im abendlicht haben elsa und ich noch eine kleine somotorunde gedreht. niemand hat uns angesprochen, noch nicht einmal angeschaut. wir waren voellig normale menschen, die auf den stillen strassen ihrer wege gingen … diese gefuehlt war schon so lange vergessen und ploetzlich damit konfrontiert kam das erste mal wirklich der fedanke der freiheit in mir auf. einfach so auf einem bordstein zu sitzen und den himmel schwarz werden zu sehen … seit fuenf monaten hatte ich dieses gefuehl nicht mehr.

am naechsten tag gin es noch hoeher oder besser tiefer in die berge. die berge, wie mit gruenem samt ueberzogen, saftiges gruen, apfelgruen, tiefes gruen, leichtes gruen, raues gruen, aftereightgruen, dunkelgruen, knallgruen, sanftes gruen. auf der camionetaladeflaeche sind wir eingetaucht in waelder, steinige ansteigungen, blaue weiten. irgendwann nachdem man sein leben hinter sich gelassen hat kamen wir in einem bergdorf an. die sonne tauchte das friedlichste schauspiel, dass ich je sehen durfte in helles licht. umgeben von duzenden bergen, wie in einem tal aus anderen zeiten waechst eine kleine stadt aus dem gruen. in der mitte eine kleine katholische kirche und der obligatorische park mit seinem rondel in der mitte. nur schien hier irgendetwas zu fehlen, was die zivilisation in jede ecke der welt getragen hat.
ich wollte fuer immer dort bleiben, es schien keinen schoeneren platz auf der welt su geben.
aber arbeit musste getan werden. knap 20 kinder kamen angetroepfelt und zusammen haben wir den begriffen gender, geschlecht, sexualitaet, gleichberechttigung und gleichheit leben eingehaucht. im zuge eines seit drei jahre laufendem projekt zur aufklaerung im bundesstaat madriz. dort wo 30% der schwangeren, noch maedchen sind, wo kinder nach honduras oder el salvador verschleppt werden, wo sich aids unbekannt verbreitet, abtreibung eine suende ist und doch frauen an den folgen sterben und frauen keine rechte haben. der schoene schein bekommt einen haesslichen riss.
das eu-finanzierte projekt laeuft im winter aus, mitlerweile sind 80 lehrer ausgebildet die die aufklaerungsarbeit weiter leisten koennen und 20% der schwangeren fauren lassen sich auf aids testen. begriffe und ideen werden geboren und mit psychologen in den bergen verteilt, die eine idee geben was an arbeit noch zu machen ist …

auf der camionete haben wir die untergehende sonne zurueck nach somoto verfolgt und uns gefuehlt wie spielfiguren in einer traumlandschaft. heute haben wir im garten eden gelegen, umgeben von riesigen schmetterlingen, zwei uebergrossen kaninchen raschelten im gras und eine schildkroete schlich vorbei … die sonne schien zu rasen und wir badeten in frieden …  morgen gehts weiter nach esteli, aber vielleicht kommen wir am donnerstag noch mal zurueck. es gibt noch mehr aktivitaeten im ramen des enrwicklungsprojektes, die wir uns anschauen koennten und dieser platz ist so magisch, dass du ihn nicht vergessen kannst.

das einzige nicht magische ist, dass wir jetzt doch kraetze zu haben scheinen. da die schon seit fast 4 monaten ihre wege unter die haut graebt ist sie verdammt resistent.  scheisse – um es mal so zu sagen.  aber in den haenden einer medizinerfamilie rotten wir jetzt alles ausm,  was klein und eckelig ist. klamotten gekocht, tabletten geschuluckt, haut veraezt … es kann nur besser werden.

bin ab heute nicht mehr da. klingt komisch is aber so. es geht in den norden. das gute ist: ich komme wieder … so siehts aus. eigendlich wollte ich nur in den norden nach somote, in ein frauenhaus. projektarbeit anschauen, mal gucken ob man helfen kann und lirum larum. aber wenn man sich schon ma auf den weg begibt kann man ja gleich noch leon, esteli, matagalpa und jinotege mitnehmen. wahrscheinlich wirds die reinfolge, nur das nach leon erst ma somoto kommt. der anfangsplan war eine woche weg zu sein. aber das wird sich nicht durchhalten lassen. ich sag mal anderthalb wochen – was auch drei heissen koennte. wie sie sehen sehen sie nichts … man wird es auf jedenfall sehen! neueste neuigkeit: es ist raus wir haben so ne art kraetze. irgendwelche bakterienviecher, die froehliche feste unter der haut feiern und nachts ihr partybude verlassen um sich um den nachwuchs zu kuemmern. was eine grossartige vorstellung. da hilft nichts ausser ganz viel duschen, taeglich klamotten wechseln und nicht kratzen. bis auf letzteres kommen wir ganz gut klar. interessant, dass wir 4 monate mit unseren bewohnern herumlaufen konnten, ohne das aertzte, krankenhaeuser oder gesundheitszentren helfen konnten. ein hoch auf das gesundheitssystem. ein groesseres hoch auf die artesanos (schmuckmacher), die meinen gestrigen tag gerettet haben … erstens haben sie unsere mysterioese juckreizerkrankung erklaeren koennen, zweitens habe ich eine neue knotentechnik gelernt, drittens waren wir in granada bei den sogenannten hipicos. die spanier sind mal wieder dran schuld (oh, wie ich sie verfluche). fressen, saufen, kaufen und ganz viele bemitleidenswerte pferde. wir hatten mit strassenfest gerechnet. was dann auf uns gewartet hat, war eher kirmis mit pferdegeruch … leichtbekleidete damen, besoffene herren und meisterdiebe und diebinnin aus managua. eine schoene mischung. aber dank sei es den kreativen kuensten und den reisenden, hatten wir auch mit normalen menschen zu tuen.

ansonsten: einer der masayafreiwilligen wurde am samstag verabschiedet. wieder einer weniger … wir haben die laguna de apoyo unsicher gemacht, weil die sonne sehr zeigebeduerftig ist und uns gefuehlt wie eine sehr selten, sehr vom aussterben bedrohte tierart. wir haben gelernt: es ist schon gefaehrlich schwimmen zu gehen, wenn man nicht schwimmen kann und das man nass wird wenn es regnet, das englisch und deutsch im grunde die gleiche sprache und das europa ein land ist (auszuege aus dem tiefgruendigen gespraech mit einer familie beim auf den bus warten). tja wieder wat gelernt – recht herzlichen dank fuer die aufmerksamkeit – auf wiedersehen!

yelba mein herzallerliebste quasi nicamama, die haushaelterin meiner lieben, aber leicht verwirrten vermieter hat uns in aller foermlichkeit zu sich nach hause eingeladen. nach las flores … ein klingender name, fuer eines der unzaehligen doerfer um masaya herum. dorf. das wort weckt enventuell falsche vorstellungen in unseren organisierten koepfen, aber man sollte immer bedenken, dass die einwohnerzahl dieses landes um die 5 millionen liegt. also muss man sich bei dem wort dorf keine zu grossen vorstellungen machen – obwohl diese ja auch grund der definition schon recht klein gehalten sind. dorf heisst hier viel mehr: kleine holprige landstrasse, die fuer motorbetriebene fahrzeuge nicht mehr befahrbar ist, mitten im nirgendwo, ab und an fuehren kleine trampelpfade auf die grundstuecke auf denen 2 oder drei haeuschen stehen, ein plumpsklo, eine wasserpumpe und eine ganze menge tiere. drumrum wuchert wald. manchmal wurde ein kleines feld angelegt und ueberallem toent marimbamusik …

die aufteilung in maennlein und weiblein scheint das natuerlichste der welt. den einzigen mann den ich zu gesicht bekommen habe, war der mann von yelba. wir haben die nacht auf dem grundstueck der mutter verbracht. sofort von kindern und den frauen umringt, DIE atraktion schlechthin. um uns von dem doch leicht peinlichem angestart werden zu befreien haben wir uns ein bisschen um die kinder gekuemmert. die erholen sich offensichtlich schneller von dem schock, ploetzlich zwei bleichgeischter vor der nase zu haben. auf die voellig skurile situation, wie ein auserirdischer behandelt zu werden haben elsa und ich mitlerweile eine antwort gefunden … gespraeche in gang zu bekommen stellt sich meistens als sehr schwierig heraus, weswegen wir eine kleine tanztheatershow hinlegen. mann, frau und kind sind versorgt mit der vollen packung „ulkiger auslaender“ und das anfaengliche interesse reduziert sich ein wenig. so dass der anschein einer normalitaet entstehen koennte. koennte … weil wir trotzdem allein an einem grossem tisch, mit der einzigen weissen tischdecken unser essen hinunterwuergen muessen, waehrend uns die restliche bagage dabei beobachtet. aber man gewoehnt sich an alles und nach einem tag war die stimmung viel gelassener. mit der uhrgrossmutter hatten wir ein grossartiges schwaetzchen. fast ein jahrhundert ueberlebt sie mitlerweile ihre maenner, familienangehoerigen und kinder. 8 von 11 kindern haben die geburt ueberlebt, 2 soehne davon sind waehrend der revolution umgekommen, das leben bestand aus arbeit, arbeit die allmaelig ihre haende, fuesse und knie kaputt machte, fuer eine brille reicht das geld nicht. und so bleibt nichts mehr uebrig als im schatten zu sitzen und an alte zeiten zu denken … ich bewundere diese starken frauen, die auf sich allein gestellt zu sein scheinen. alle weiblichen familienmitglieder yelbas arbeiten in masaya als hausangestellte. sie halten nicht nur im stand, sonder servieren und bedienen auch … fuer mich eine unmoegliche situation, wenn unsere hausbrueder nach yelba schreien und wortwoertlich sagen „bediehne mich!“ … echt schraeg. zu was die maenner gut sind, habe ich nicht verstanden … das geld bringen die frauen, die frauen machen die koeperlich anstrengenden arbeiten, kochen, putzen, holen wasser, kuemmern sich um die kinder und die kleintiere … nur um die kuehe und pferde scheinen die groesseren jungs zu versorgen. was wuerde passieren, wenn auf einen schlag alle frauen dieser erde tot umfallen wuerden … hier jedenfalls wuerde die gesellschaft zusammenbrechen. wahrscheinlich waehrend zwei tage spaeter die maenner genauso tot.

wann das war, kann ich wirklich nich sagen …
vor zweri wochen …
vor drei …
?
jedenfalls waren wir da, auch wenn die zeit verfliegt wie nix.
DIE kolonialstadt im grossen nicaland!
es war schoen, irgendwie sehr entspannt und ruhig. so wenig agressionen … das gibt dem wort tranquillio mal ein ganz neues gesicht, ein sehr freundliches …

menschen, menschen, menschengewimmel, ziegeldaecher, der weite blick auf die umliegenden berge und vulkane, offene blicke, kraetivitaet, kunst, eine kirche mit hakenkreuzmosaiken und einem ewigen blick vom glockenturm, der parque central voll ruhe und gelassenheit, viele menschen bereit zu sprechen, ein deutscher der kleine klingende kokusnuesse verkauft, galerien voll kunst aus el salvador – die schreit nach menschlichkeit, die schoenheit spricht aus den marroden haeusern, touristen in scharen, kinderaugen – wie ueberall – kleine offene haende die nach den abgegriffenen scheinen streben …